Außihupfn’ und Obifliagn !!

Februar 6th, 2010

Himmel und Erde – Fallschirmspringen in Südfrankreich

Ich und noch 14 andere “Verrückte” hatten uns fest vorgenommen eine ganze Woche lang nichts anderes zu machen, als uns von bis zu 2000 Metern aus dem Flugzeug zu stürzen, um einmal das Gefühl vom freien Fall auszutesten! Da ich im Frühjahr schon eine Woche Kurs hinter mich gebracht hatte, war ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich mich darauf freuen oder ob ich wieder etwas mit der Angst kämpfen sollte!?

Nach einer langen Nacht im Auto, die uns halb durch Europa ca. 1500 km von Innsbruck südwestlich nach Pau (Südfrankreich ca. 100 km östlich von Biaritz) brachte, genossen wir das traumhafte, fast noch sommerliche Wetter, Ende Oktober, mit immerhin noch 15°C um 8 Uhr in der Früh!

Für den Rest der Truppe/Gruppe hieß es gleich einmal antreten zur ärztlichen Untersuchung und dann war den ganzen Tag Theorieunterricht angesagt! Nachdem ich endlich meinen Fallschirm ausgefaßt hatte, entschied ich mich doch lieber auf Nummer sicher zu gehen und doch noch einmal mit zwei Automatiksprüngen anzufangen! (d.h.: Wenn ich aus dem Flugzeug springe, geht der Fallschirm automatisch durch eine Reißleine auf und es kann eigentlich nichts mehr passieren!)

War eine kluge Entscheidung, denn beim ersten Sprung habe ich dann alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann! So etwas passiert, wenn man zu unkonzentriert und zu hektisch ist! Als kleine Entschädigung war aber der 2. Sprung perfekt! Jetzt kann’s endlich los gehen mit dem freien Fall!

So schnell ging’s leider auch nicht weiter – immerhin mußte ich meinen Fallschirm selbst zusammenfalten! Da ist man dann schon besonders genau – hängt ja sozusagen von einem selber ab ob der Schirm im richtigen Augenblick aufgeht oder nicht! Am nächsten Nachmittag war es dann soweit! Rein ins 8 Mann Flugzeug, rauf auf 1500 m und rausgesprungen – 10 sec. freier Fall – Juchhhhuuuu!! Naja – nicht ganz! Ich war wieder etwas zu hektisch und habe schon nach 5 sec. gezogen, nachdem ich mit den Füßen voran unterwegs war! Was soll’s – nobody is perfect!

Den Rest des Tages begnügte ich mich damit, den anderen bei ihren ersten Versuchen zuzuschauen und gegenseitig Erfahrungen auszutauschen. Da bei unserem guten Flugzeug gestern am Abend in der Luft, der Motor explodierte, die letzte Mannschaft notaussteigen mußte, aber ansonsten nichts passiert ist, hatten wir diesen Vormittag nichts anderes zu tun als uns die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen und auf ein Ersatzflugzeug zu warten! Nachmittags war das neue Flugzeug endlich da, aber leider nur mehr halb so groß wie der Vorgänger! Das hieß lange Wartezeiten und weniger Sprünge als geplant. C’est la vie – besser als gar nicht springen! Ich habe dann mit dem Sonnenuntergang noch schnell einen 10 sec. Sprung gemacht – langsam weicht die Angst und das gute Gefühl kommt.

Am nächsten Morgen sah es zuerst so aus, als würden wir heute gar nicht in die Luft kommen. Die Wolken hingen ziemlich tief – aber es ging doch – das Panorama da oben und mein erster Sprung durch die Wolken war irgendwie gigantisch! Plötzlich entdeckt man ganz neue Gefühle in sich selbst!

Nach einem kurzen Briefing (Anweisungen und Erklärung der neuen Aufgaben) am Nachmittag durfte ich endlich von 2000 m springen. Im Klartext hieß das 20 sec. Freier Fall genießen!

Beim ersten Sprung war es mir fast etwas zu lang, ich kam mit dem Zählen etwas durcheinander und öffnete den Schirm schon nach 15 sec. Es geht zwar alles superschnell, aber endlich bekommt man im freien Fall etwas von der Umgebung mit, ein irres Gefühl!

Mittlerweile hatte auch jeder unserer Gruppe schon den ersten freien Fall hinter sich. Die Frage: “Wie war es?” wurde von jedem nur mit einem breiten Grinsen und undeutbaren Gesten beantwortet. Ganz nebenbei hatten die Lehrer mit unserer Truppe so ihre liebe Not und auch Androhungen einzelne Übeltäter nachhause zu schicken halfen nichts. Den Jungs ist nichts besseres eingefallen als im freien Fall und mit offenem Schirm jeden Blödsinn zu versuchen. Angefangen mit Steilspiralen über Salto vor- und rückwärts, Superman , diverser andere Figuren und nicht zu vergessen erst nach 15, 16 oder 17 sec. statt nach 10 sec. den Fallschirm zu öffnen.

Am letzten Abend wurde von uns allen noch einmal so richtig aufgekocht, daß die Franzosen gar nicht mehr aus dem Staunen kamen. Natürlich wurde die super Woche auch dementsprechend begossen und die Zeit bis in die frühen Morgenstunden mit diversen Showeinlagen und Gesellschaftsspielen vertrieben! Am letzten Tag hatten wir dann alle noch volles Programm.

Jeder sollte ja mit 10 absolvierten Sprüngen nach Hause fahren. Wie sich herausstellte, waren wir alle zusammen eine super Truppe und so konnte jeder seinen letzten Sprung von 2000 m machen. Den Vogel dabei schossen aber Fritz und Flow ab! Es war eigentlich keine abgesprochene Wette, aber Fritz öffnete den Schirm erst nach 28 sec und Flow sogar erst nach 29 sec. freien Fall! Die Lehrer wären wieder einmal knapp vor dem Herzinfarkt und es war, glaub ich, nur noch eine Frage von Hundertstel bis der Notfallschirm aufgegangen wäre.

Bei meinen letzten beiden Sprüngen durfte ich endlich mit einem Höhenmesser springen, was mir die lästige Zählerei ersparte. Schade daß die Woche schon wieder vorbei ist – jetzt fängt der Spaß erst so richtig an.

Mein letzter Sprung hatte es mir angetan. Alles war perfekt und das Gefühl, das ich dabei hatte, kann ich gar nicht richtig beschreiben! Ich weiß jetzt, daß ich es unbedingt wieder machen muß. Es ist so eine Mischung aus Geschwindigkeitsrausch und wenn man von etwas absolut beeindruckt und überwältigt ist. Das ist jetzt meine dritte Sportart neben Windsurfen und Snowboarden bei der es mir, wenn ich darüber rede, die Gänsehaut aufstellt.

Auch die 14 stündige Heimfahrt konnte nicht verhindern, daß wir alle total relaxed und noch immer mit einem Grinsen im Gesicht zu Hause ausstiegen. Obwohl unsere französischen Lehrer es mit unserer Gruppe, immerhin die erste österreichische Gruppe, aus verrückten Snowboardern und Drachenfliegern nicht leicht hatten, werden wir sicher in die Geschichte von diesem Fallschirmspringerzentrum eingehen und nicht das letzte Mal dort unten gewesen sein! Auf alle Fälle sind wir wieder herzlich willkommen! Ich sage euch nur eines. Wenn ihr wirklich verstehen wollt, was das für ein Gefühl ist, dann versucht es selbst, ich kann es wirklich nicht beschreiben.e-mail

Herbst 1997

Zurück

Mehr Stories....